Am 18. Mai sind fast unbemerkt von der Öffentlichkeit neue, umfassende Informationspflichten in Kraft getreten, die für alle gelten, die in Deutschland oder im EU-Ausland Dienstleistungen erbringen. Betroffen sind auch Einzelunternehmer und Freiberufler. Wer den Informationspflichten nicht nachkommt, muss teuer Lehrgeld zahlen: Die Abmahnindustrie nutzt die Wissenslücke auf Seiten der Unternehmer bereits, um Unterlassungserklärungen im großen Stil zu versenden. Außerdem können Bußgelder bis zu 1.000 Euro Höhe verhängt werden. Auch wenn viele dieser Informationspflichten durch andere Gesetzte und Verordnungen häufig bereits umgesetzt sind, steckt der Teufel im Detail: Teilweise sind es nur ein oder zwei Punkte, die ergänzt werden müssen. Aber schon wenn eine einzige notwendige Angabe fehlt und man Ihnen dies nachweisen kann, müssen Sie mit einer Abmahnung rechnen.

1.1. Gültigkeitsrahmen der Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung

Die neue Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung (abgekürzt: DL-InfoV) setzt eine EU-Richtlinie (2006/123/EG) in deutsches Recht um regelt umfassend die Informationspflichten gegenüber Kunden. In Deutschland gibt es dazu ja bereits an verschiedenen Stellen Regelungen, zum Beispiel das Telemediengesetz oder die Preisangabe-Verordnung. Allerdings gelten diese nur, wenn man eine Website betreibt bzw. nur gegenüber Verbrauchern und nicht gegenüber Geschäftskunden. Diese Einschränkungen gelten für die DL-InfoV nicht. Die deutschen Detailregelungen gelten allerdings neben der DL-InfoV weiter. Über die neue Verordnung hinausgehende Vorschriften müssen im jeweiligen Anwendungsbereich also weiterhin beachtet werden.

Der Wirkungskreis der DL-InfoV selbst ist beschränkt auf Unternehmen, die Dienstleistungen erbringen. Das hat den einfachen Grund, dass die EU nur hierfür Gesetzgebungs-Kompetenz besitzt. Aber welches Unternehmen erbringt nicht mindestens zum Teil auch Dienstleistungen? Ob Dienstleistungen nur im Inland oder auch im Ausland erbracht werden, ist dabei egal. Auch bezüglich der Rechtsform gibt es keine Einschränkungen, der Einzelunternehmer unterliegt ihr ebenso wie die Aktiengesellschaft. Nicht unter die Verordnung fallen Branchen, die durch europäisches Recht bereits sehr genau reguliert sind (z.B. Finanzdienstleister und Heilberufe).

1.2. Checkliste: Welche Informationen müssen bereitgestellt werden?

Die folgenden Informationen müssen Sie *vor* Vertragsschluss bzw. Erbringung einer Dienstleistung in klarer und verständlicher Form zugänglich machen – in welcher Form, darauf gehen wir gleich im Anschluss ein. Die folgenden Informationspflichten gelten auch dann, wenn Sie keine Website besitzen.

a) Vor- und Familienname, Firma und Rechtsform: Bei Einzelunternehmern genügt der Vor- und Zuname. Bei einer GbR sind die Namen der beiden Gesellschafter und die GbR als Rechtsform anzugeben.  Bei anderen Rechtsformen ist die vollständige Firmenbezeichnung anzugeben,  also z.B. XY GmbH.

b) Anschrift der Niederlassung oder ladungsfähige Anschrift: Eine Postfachadresse genügt hier nicht! Außerdem Telefon sowie E-Mail oder Fax. Das Telemediengesetz, das nur für Betreiber von Websites gilt, erhebt zusätzliche Anforderungen.

c) Eintragung in Register mit Registergericht und Registernummer: Dies ist anzugeben, wenn Ihre Firma aufgrund ihrer Rechtsform ins Handelsregister, Partnerschafts-, Genossenschafts- oder Vereinsregister eingetragen wurde.

d) Bei erlaubnispflichtigen Berufen (z.B. Rechtsanwalt, Heilpraktiker): Zuständige Aufsichtsbehörde bzw. einheitliche Stelle

e) Umsatzsteueridentifikationsnummer, sofern vorhanden. Die Angabe der normalen Steuernummer ist nicht vorgeschrieben.

f) Bei reglementierten Berufen die gesetzliche Berufsbezeichnung, Verleihungsstaat, Kammer, Berufsverband oder ähnliches. Betroffen sind z.B. Handwerker, Steuerberater, Arzt, Ergotherapeut.

g) AGB – Sofern Sie über AGB verfügen, müssen Sie diese angeben. Im Internet können Sie sie z.B. verlinken, in einer speziellen Kundeninformation können Sie sie abdrucken.

h) Von der Norm abweichende Vertragsklauseln zum anwendbaren Recht und Gerichtsstand (wenn etwa abweichend vom Betriebsort in München als Gerichtsstand Leipzig vereinbart wird oder – was gegenüber Unternehmen möglich ist – ein ausländisches Recht vereinbart wird).

i) Angaben zu Garantien, die über die gesetzlichen Gewährleistungsrechte  hinausgehen: Dies ist auch wieder nur dann anzugeben, wenn es für einige oder alle Dienstleistungen solche Garantien gibt.

j) Angaben zu wesentlichen Merkmalen der Dienstleistung, soweit diese sich nicht aus dem Zusammenhang ergeben. So müssen z.B. Fotografen angeben, in welcher Form sie Bilder zur Verfügung stellen (alle oder nur eine Auswahl, auf Papier oder CD, mit welchen weitergehenden Rechten: Ist etwa die Verwendung auf der eigenen Website, bei XING, in einem Flyer erlaubt)? Der Anbieter einer fernöstlichen Massage müsste deren Funktionsweise und Eigenheiten beschreiben, wenn die Technik nicht allgemein bekannt ist.

k) Angaben zur Berufshaftpflichtversicherung: Wenn Sie eine Berufshaftpflichtversicherung haben, müssen Sie deren Name, Anschrift und räumlichen Geltungsbereich angeben. Einige Berufsgruppen wie etwa Rechtsanwälte, Ärzte und Architekten sind von Gesetzes wegen verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Wenn bei diesen eine entsprechende Angabe fehlt, ist es ein Einfaches, sie abzumahnen. Da in Deutschland im Schadensfall (anders als etwa bei der Kfz-Haftpflicht) Forderungen nicht direkt an die Berufshaftpflicht-Versicherung gestellt werden können, sondern zunächst immer an den Unternehmer, halten viele die Angabe eigentlich für unsinnig. (Allerdings ist es in anderen EU-Ländern möglich, Forderungen an die Berufshaftpflicht direkt zu stellen.)

1.3. Ort und Form der Informations-Bereitstellung

Haben Sie die eine oder andere Angabe gefunden, die Sie auf Ihrer Website ergänzen müssen? –Sinnvollerweise tun Sie das im Impressum, wo Sie wahrscheinlich viele der Angaben bereits gemacht haben. Beachten Sie dass das Impressum von jeder Seite Ihres Webauftritts, mindestens aber von der Startseite erreichbar und von der Benennung her leicht als solches erkennbar sein sollte. Am besten benennen Sie den Menüpunkt also tatsächlich mit „Impressum“.

Wenn Sie über keine Website verfügen, müssen Sie Ihren Kunden trotzdem die entsprechenden Informationen zugänglich machen.  Hierfür stehen die folgenden Alternativen zur Verfügung:

a) „Mündliche oder schriftliche Mitteilung des Dienstleisters *von sich aus*“: Auf eine mündliche Information sollten Sie allein schon aus Nachweisgründen verzichten. Stellen Sie die geforderten Informationen schriftlich zusammen, z.B. in Form eines Faltblatts. Am besten nehmen Sie auch Ihre AGB mit auf. Sie brauchen das entsprechende Faltblatt nicht jedem Besucher in die Hand zu drücken, aber es sollte ausliegen oder zumindest griffbereit zur Verfügung stehen.

b) „Am Ort der Leistungserbringung oder des Vertragsabschlusses so, dass sie leicht zugänglich ist“: Denkbar wäre hier auch ein Aushang. Wählen Sie dabei eine Schriftgröße, die ausreichend gut lesbar ist.

c) „In allen zur Verfügung gestellten ausführlichen Informationsunterlagen über die angebotene Dienstleistung“: Was hierunter genau zu verstehen ist, werden in den nächsten Jahren wahrscheinlich Gerichte zu klären haben. Wir vermuten, dass ein einfacher Flyer noch keine „ausführliche Informationsunterlage“ darstellt. Eine Broschüre im Din-A4-Format mit mehreren Seiten sollte aber auf jeden Fall die Pflichtinformationen enthalten. Solche Broschüren sollten zusätzlich die im folgenden Absatz dargestellten Informationspflichten erfüllen.

1.4. Checkliste: „Auf Anfrage“ bereitzustellende Informationen

Die folgenden Angaben müssen „auf Anfrage“ vor Vertragsabschluss bzw. Erbringung der Dienstleistung gemacht werden. Hiervon sind deutlich weniger Unternehmen betroffen:

a) Bei reglementierten Berufen (wie Rechtsanwälten, Steuerberatern, Architekten, Heilberufen usw.): Verweis auf berufsrechtliche Regelungen. Dies ist schon bisher vorgeschrieben und lässt sich durch einen Verweis auf die entsprechende Website der Kammer erfüllen.

b) Angaben „zu multidisziplinären Tätigkeiten und beruflichen Gemeinschaften, die in direkter Verbindung zur Dienstleistung stehen und, soweit erforderlich, Maßnahmen gegen Interessenkonflikten“. Was hier genau gemeint ist, ist noch recht unklar. Ein Beispiel könnte so lauten: Wenn Spezialisten aus mehreren Branchen, z.B. ein Anwalt und ein Finanzberater ein Büro teilen, können Interessenkonflikte entstehen. Hier wäre dann zu beschreiben, wie das Unternehmen organisiert ist, um solche Konflikte zu vermeiden.

c) Verhaltenskodizes, denen sich der Dienstleister unterworfen hat, mit Internetadresse sowie Sprachen, in der sie vorliegt. Häufig sind solche Verhaltensregelungen im Rahmen von Berufsverbänden oder seitens des Auftraggebers geregelt. Man denke zum Beispiel an Pharmareferenten, deren Auftraggeber sich selbst dazu verpflichten im Umgang mit Ärzten auf die Einflussnahmen durch Vergünstigungen zu verzichten.

d) Außergerichtliche Streitschlichtungsverfahren, die durch den Verhaltenskodex oder die Mitgliedschaft in einer Vereinigung  vorgesehen sind.


Wenn man die entsprechenden Angaben nicht gleich freiwillig auf der Website, etwa im Impressum veröffentlicht, sollte man eine Faxvorlage oder ein PDF bereit halten, das man auf Anfrage bereit stellen kann.

1.5. Vorschriften zu Preisangaben und Diskriminierungsverbot

Wie genau Preisangaben zu erfolgen haben ist in Deutschland bereits recht genau durch die Preisangaben-Verordnung geregelt – allerdings nur für Dienstleistungen gegenüber Endverbrauchern. Die neue Verordnung regelt die notwendigen Preisangaben auch gegenüber Firmenkunden.

Demnach müssen Preise, die im Vorhinein festgelegt sind, vor Vertragsabschluss bzw. Leistungserbringung angegeben werden, wobei die Angabe der Nettopreise „zzgl. gesetzlicher Mwst.“ genügt. Eine Preisliste muss nicht veröffentlicht werden, auf Anfrage muss man dem Kunden aber den üblichen oder im individuellen Fall angesetzten Preis nennen. Ist das nicht möglich, müssen die Einzelheiten der Berechnungsmethode angegeben werden, anhand derer sich der Preis errechnet oder aber ein Kostenvoranschlag erstellt werden.

Diese Regelungen sind nicht wirklich überraschend. Dies gilt auch für das Verbot diskriminierender Bestimmungen (etwa in den AGB). Demnach sind Bedingungen verboten und unwirksam, die den Zugang zu einer Dienstleistung oder des Wohnsitzes eines Kunden behindert. Ausnahmen sind erlaubt, wenn es objektive Kriterien gibt, die sie rechtfertigen. So dürfen zum Beispiel entfernungsabhängige Zusatzkosten verlangt werden oder eine Leistung im Ausland verweigert werden, weil dort dazu ein spezielles Know-how erforderlich wäre, das nicht vorhanden ist.

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